Donnerstag, 8. Januar 2009

Change

Guten Abend,

hier bin ich mal wieder.

Schule hat wieder angefangen und ich hab wieder viel Arbeit, mache wieder bis Abends spät Hausaufgaben. Gestern war es allerdings meine eigene Schuld: ich habe nämlich endlich meinen iPod! Juhu! Es hat furchtbar lang gedauert, das Ding ans Laufen zu kriegen, aber jetzt funktioniert es prima.

Ich habe außerdem Fotos für meinen Kalender, der als Abschiedsgeschenk für meine Gastfamilie dienen soll, abgeholt. Wirklich sehr einfach und sehr schnell. Lob da an den amerikanischen Kundenservice. Und 20 Dollar-cent pro Druck ist wirklich günstig.

Aber ich muss mich wieder einmal aufregen: diese Theology-Klasse ist wirklich ein Witz. Wir sollen da jetzt unsere Hochzeit von vorn bis hinten durchplanen, mit allem drum und dran, von den Schuhen bis zur Musik beim Einlaufen, von den Reden bis zum Servietten-Design. Ich hasse diesen Kurs so sehr. Ich will nicht kirchlich heiraten, und ich kann es auch gar nicht. Mann. Warum akzeptiert diese Entscheidung keiner? Warum kann ich nicht einfach eine "weltliche" Feier planen? Geht nicht, MUSS in einer katholischen Kirche sein.

Apropos akzeptieren, da hatte ich heute auch wieder meine Probleme. Wir hatten in der ersten Stunde Civics, und der Lehrer bemerkte, dass ich nicht betete, und meinte dann zu mir: "Auch du wirst beten". Vielleicht war es ein Witz, aber es war plötzlich mücksmäuschenstill in der Klasse. Ich habe den Kopf geschüttelt...
Später dann meinte der Lehrer so, es ging um Freedom of Religion. Er meinte, dass in Amerika sehr viele Menschen religiös sind, gerade weil es eine Freiheit der Religion gäbe.
Da habe ich ein bisschen wiedersprochen, habe gesagt: "Na ja, aber in Deutschland, oder insgesamt in Europa, gibt es auch Religionsfreiheit, und die Leute sind nicht religiös."
Darauf meinte der Lehrer: "Im Moment sind sehr viele Leute in Europa nicht religiös. Die Rate der religiösen Leute ist winzig!"
Ich: "At the moment?"
Er: "Yep, im Moment. In Europa gab es auch Hexenverbrennung und Kreuzzüge und so'n Zeug."
Da war ich etwas sprachlos, sagte dann etwas zögerlich, "Im 13. Jahrhundert..."
Meinte er nur noch "Yeah", und wechselte das Thema.
Wir haben unsere Lektion gelernt, und da ist so etwas wie "Aufklärung" oder auch "Humanismus". Außerdem, was soll eigentlich das "Im Moment"? Wie lange denkt er denn, ist das her? Ich glaube kaum, dass sich das ganze wieder "Rückwärts" entwickeln wird, gerade weil ich den Eindruck habe, dass auch ganz langsam in Amerika eine Entwicklung in Richtung Aufklärung entwickelt. Nicht im Sinne der Europäischen Aufklärung, sondern etwas anders, aber das ist gut so. Es muss ja nicht sein wie in Europa, dennoch tut ein bisschen Veränderung gut.

Ach, von wegen Veränderung. Ich hab wieder mit meinem Sitznachbarn in Drawing diskutiert. Man hat sonst nix zu tun beim zeichnen. Und der meinte allen ernstes, er könne nicht verstehen, warum sehr viele Leute Obama für den neuen Lincoln halten, er habe viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen Obama und... haltet euch fest... Hitler (!) finden können.

Ich saß da mit offenem Mund. Was zur Hölle. Geht's noch? Wenn es zwei Menschen gibt, die von ihren Idealen und Vorstellungen unterschiedlicher nicht sein können, sind es Hitler und Obama. Er argumentierte dann, dass beide ihren politschen Einfluss praktisch "aus dem nichts" erworben haben, super-beliebt sind beim Volk und beide drastischen Wandel bringen.
Und wieder saß ich da mit offenem Mund. Das mit der plötzlichen Beliebtheit ist aus der Luft gegriffen. Das gleiche Argument könnte man auch bei 10000 anderen Politikern finden, wenn man nur ernsthaft genug nach Argumenten sucht, warum man den Kandidaten nicht mag. Außerdem, so funktioniert Politik nun einmal: entweder man ist beliebt und sagt, was die Leute hören wollen, oder man wird eben nicht gewählt, "das ist ja das Geile an der Demokratie".

Das mit dem drastischen Wandel finde ich ja noch am lächerlichsten. Wo ist denn in Amerika ernsthaft ein Problem? Sicherlich gibt es kleine Dinge, die behoben werden sollten, jedoch nichts "drastisches", wie es damals bei Hitler war. Warum beschwert sich das Land Nummer 1 in der Welt, dass es ihm schlecht ginge und einen Wandel nötig hätte, so wie es die Leute in Deutschland nötig hatten, weil sie nichts mehr zu essen hatten? Ich bin absolut gegen die Nazi-Taten und verabscheue nichts mehr als die Perversion ihrer Missetaten, aber Verzweiflung der Menschen war nun einmal der Grund, warum die Leute die Nazis gewählt haben. Hier in Amerika ist kaum ein bisschen wirtschaftlicher Abschwung, und schon ist das ganze Land in Panik. Das macht einfach keinen Sinn, und das Argument ist leer. Einen solchen drastischen Wandel wird man kaum brauchen, ich sehe nicht, dass es Amerika nun wirklich SO schlecht ginge, dass das nötig wäre.

Ausgerechnet mein Sitznachbar hat Obama zuvor mit einem Sozialisten verglichen. Sozialist - Hitler? Da hat er wohl die Vorsilbe "National" vergessen, die da wohl doch einen entscheidenden Unterschied macht. Nun ja, aber dieser Typ ist auch der Meinung, man solle jemanden an die Regierungsspitze setzen, der das Amt eigentlich gar nicht will, um die Kraft nicht zu misbrauchen. Hmmmm...

Außerdem glaube ich nicht, dass Obama die Republikaner verbieten wird, wie es Hitler mit den linken Parteien getan hat. So ein unglaublicher Käse, diese Argumentation! So einen Käse habe ich selten gehört. Ich sagte dann, man müsse nicht alles mit einem schon einmal dagewesenen vergleichen, vor allem, weil ich Lincoln nicht wirlich beurteilen kann, weil ich zu wenig darüber weiß. Aber was ist so schlecht an Wandel, was ist so schlecht daran, völlig neuartig und unbekannt zu sein? Ich denke, das ist doch das tolle an Veränderung. Ich würde Obama nicht als "Notwandel" ansehen, wie mein Sitznachbar, schon allein deswegen, weil es Amerika doch vergleichsweise gut geht. Ein Wandel, der nicht erzwungen wurde, aus welchen Umständen auch immer, sondern von den Leuten selbst gewollt ist, ist das, was für die Gesellschaft wirklich wertvoll ist. Dieser Art Wandel ist das, was die Menschen letztendlich verändern wird.

Ach, die Leute haben echt Probleme. Ich bin ja schon in Deutschland recht "links", aber hier verstehe ich die Leute nicht mal. Haben die echt nur Grütze in der Birne oder liegt's tatsächlich an der Gesellschaft? Wie gern ich doch Gesellschaft beschuldige. Grütze, Grütze, Grütze sag ich.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

oh mann. der lehrer ey..
in europa ist es so (meiner meinung nach), dass es schon viele leute gibt, die religiös sind,(polen sind große katholiken) aber sie haben nicht das bedürfnis, es so an die große glocke zu hängen und es in alles was sie tun, sagen oder denken zu integrieren. ich mein, vanessa glaubt and gott, sascha glaubt an gott, kristina und sicher noch ne menge anderer leute, die wir kennen, und trotzdem sind sie stinknormal. einfach weil sie nicht das bedürnis haben das überall rumzutrompeten und zu jeder gelegenheit zur sprache zu bringen.
die role und funktion der religion in der gesellschaft ist einfach ne ganz andere.
in amerika wird sich so schnell nichts ändern. viele der leute, die gründerväter, die da hinkamen, waren schließlich in religiöser mission unterwegs. also kein wunder, dass religion in amerika von anfang an einen großen stellenwert hatte. es gab ja da ja vorher nichts anderes und die indianer haben sie fertig gemacht. also hat die religion da unbeschadet fuß gefasst. so zumindest meine theorie.
wenn ein land von vornerein von religiösen vögeln besiedelt wird, geben sie's weiter und es wird teil der mentalität.
und viele dieser leuet sind da ja auch hin, weil ihre religion woanders nicht akzeptiert wurde. in amerika waren sie sicher und konnten sich ausbreiten. denk ich mal so xD

kann man nix machen ^^

und zu deinem zeichennachbar : dem hamse doch ins hirn geschissen. wenn ich solche unqualifizierten bemerkungen schon höre -.- ich bin auch kein großer wisser unsd etwas jugendlich-naiv, aber soviel weiß ich doch um zu sehen, dass das der größte käse ist.
zeigt nur das er überhaupt keine ahnung hat.

Karoddi hat gesagt…

ich glaube viel mehr, dass europa eher ein agnostisches leben führt. ich selbst schätze das nicht so sehr, aber nun ja. Bestimmt 90% der Leute sind agnostisch, und du gehörst ja auch dazu. Wir in Europa haben die Sache mit der Aufklärung, und DAVOR ja die Sache mit Luther und der Abspaltung von der Kirche.
Ich denke, wir Europäer lehnen die Institution Kirche ab, jedoch nicht Gott. Das ist immer noch keine "gottlose" Welt (die ich mir vielleicht wünschen würde XD), aber das ist anscheinend das einzige, was wir bisher erreichen konnte. Das ist aber auch schon eine tolle sache, 10 mal toller als hier in Amerika, weil die garantiert alles fressen würden, was ihnen ihr Papst oder Pastor oder Guru oder sonst was sagen würde.
Wenn es hinter dem Glauben keine Institution gibt, muss man es auch nicht an die große Glocke hängen. Wenn es keine Kirche hinter dem Glauben gibt, gibt es auch keine Kirchenkriege, nur noch Kriege für die Stimme im Kopf führen. Das ist zwar auch übel, aber wenn es tatsächlich soweit kommt, ist es nicht mehr die Kirche schuld. Dann würde ich sagen - Dummheit der Menschen.
Die Sache mit Gott, mit dem "Das Leben ein bisschen schöner machen, weil es danach nicht einfach aufhört" istvielleicht ein menschliches Problem, ich glaube kaum, dass sich das Hundchen gedanken macht, was "danach" ist.
Wie auch immer, wie oft habe ich hier schon gehört "Ich finde einen atheistischen Lebensstil traurig."? Bestimmt 5 mal. Ganz im ernst. Mit dem Argument "es ist so traurig zu glauben, dass danach nichts mehr kommt". Oder auch: "Wofür lebst du dann eigentlich?". Oder auch: "Wie kannst du denn sicher sein, dass du nicht doch weiterlebst, sei das nun im Himmel oder irgendwie als schwebender, unruhiger Geist?"... und so weiter. Unendliche Male, and I am really sick of it.

Anonym hat gesagt…

traurig.. naja.
pf. "wofür lebst du denn". das ist ja wie im mittelalter, bevor die bibel übersetzt wurde. alle haben schon stillgehalten und dalles gemacht, was die kirche und könig wollten... denn im himelreich wartete die erlösung, egal wie scheiße es einem es auf erden ging. da hab ich doch lieber gleich ein schönes leben, als nur darauf zu spekulieren, dass ich mal in den himmel komm xD
das ist dopch alles eine elende hinhalte methode ^^

47% of German citizens agreed with the statement "I believe there is a God", whereas 25% agreed with "I believe there is some sort of spirit or life force" and 25% said "I do not believe there is any sort of spirit, god, or life force".

Christianity is the largest religious denomination in Germany, with 53 million adherents (64%).
About 24.4 million Germans (29.6%) have no registered religious denomination.

und wie man sieht, viele leute sind christen, einfach weil sie hineingeboren wurden. hat ja alles nicht unbedingt was mit glauben zu tun.


aber fast die hälfte glaubt an gott ^^